Islam und Christentum teilen die Vorstellung vom Paradies als Garten. Sie
entspringt der gemeinsamen geographischen Herkunft. Nur in Kulturen, die
mit der Wüste vertraut waren, konnte man die Abgeschlossenheit eines bewässerten
Fleckchens Erde als einen Ort der Wunder erfahren. »Im Garten träumt man
und entdeckt die Liebe, gibt sich Betrachtungen hin und unterliegt den
sinnlichen Versuchungen, im Garten wird aus dem Bettler ein König und umgekehrt,
im Garten entdeckt man das Heilige und versöhnt sich mit dem Tod.« DzSevad
Karahasan untersucht den Topos des Gartens in der Bibel, im Koran und in
den Geschichten von Tausendundeiner Nacht. Aber er führt uns auch in den
Stadtpark von Sarajevo, der mit seiner mitteleuropäischen Anlage, den Blumenrabatten,
Springbrunnen und Bänken, und dem verwilderten Hügel, mit Grabsteinen und
verborgenen Winkeln, die Bilder von Garten und Wüste in beiden Religionen
widerspiegelt. Was Parks und Gärten über die Natur einer Stadt, über die
innere Verfassung einer Gesellschaft, über ihre Idee von Glück, Intimität
und Geheimnis aussagen, wie eine Ruinenlandschaft als Garten durchwandert
und als Buch der Erinnerungen gelesen werden kann - all das wird so suggestiv
entfaltet, daß man die west-östlichen Korrespondenzen von innen heraus
begreift.