Querdenker werden in der Wirtschaft geschätzt. Zumindest offiziell. Faszinierend sind sie vor allem dann, wenn ihr Erfolg ihnen Recht gibt. Ihnen, die Gibbons frech als "Spinner" bezeichnet, ist sein Buch gewidmet. Es ist ein größtenteils erfrischendes Plädoyer für ungewöhnliches, neues Denken geworden. Den Managern, die er in lockerer Sprache und mit einer gehörigen Portion Humor porträtiert, verleiht er Sterne in zwei Kategorien: für ihr Querdenkertum und für ihre Qualitäten als Visionäre. So konnte sich auch der eher biedere Walt Disney durch sein Vorausahnen von Trends wie Fernsehen, Tourismus und Merchandising einen Platz in Gibbons Buch erobern, obwohl er sich mit einem einzigen Querdenker-Stern begnügen muss.|Gibbons hat sich auf Top-Leute, die jeder kennt, konzentriert. Natürlich ist der exzentrische Virgin-Gründer Branson dabei, der Business als Rock'n'Roll begreift. Und auch der eigenwillige und schwierige Steve Jobs, in dem immer wieder das Genie aufblitzt. Anita Roddick führt Gibbons auf für ihre Idee, einen guten Konzern aufzubauen. Auch Luciano Benetton ist mit von der Partie. Nicht nur für seine United Colors of Benetton-Kampagne (die mit den Schock-Effekten), sondern für die Entscheidung, den verantwortlichen Fotografen, der seine Marke auf diese Weise weltbekannt gemacht hatte, schließlich zu feuern.|Längst nicht alle der "Spinner", die Gibbons vorstellt, sind extrovertierte Genies. Im Gegenteil, er hat bei seinen Analysen festgestellt, dass jeder, der sich für das Buch eignete, auf seine ganz eigene Art verrückt ist oder war. Michael Dell zum Beispiel ist, so behauptet Gibbons, eher langweilig. Aber er hat sich seinen Platz im Buch verdient, weil "seine spinnerten Ideen alle bisherigen Verkaufs-, Marketing- und Vertriebskonzepte seiner Branche auf den Kopf stellten". Er verzichtete auf die Kooperation mit Zwischenhändlern und wandte sich direkt an den Endverbraucher, gewährte 30 Tage Rückgaberecht und individualisierte seine Angebote -- in Massen.|Ausgerechnet der einzige Europäer, den Gibbons als Beispiel zulässt, gerät zum Prügelknaben. Jürgen Schrempp qualifizierte sich durch die DaimlerChrysler-Fusion für das Buch und wird dafür von Gibbons zum prototypischen James-Bond-Schurken abgestempelt. Ein "echter Kriegsherr" eben: "Jürgens Weg ist gepflastert mit den abgenagten Knochen von Leuten, die einst seine Freunde und Verbündeten waren." Leider wird Gibbons Ton hier stellenweise hässlich, die Kritik geht spätestens dann, wenn es um Schrempps Trennung von seiner Frau geht, unter die Gürtellinie.|Nützlich ist dagegen der Anhang, in dem Gibbons aus den Porträts ein gutes Dutzend Tipps für eigene Querdenker-Erfolge destilliert. Wichtigster Punkt: Es gibt keine goldene Regel oder den einen Schlüssel zum Erfolg. Dafür gilt: "Suchen Sie die Herausforderung!" Und: "Holen Sie sich eine Dosis Rastlosigkeit!"|--Sylvia Englert