Im ersten Teil des Buches Am Anfang war Erziehung stellt Miller die >>schwarze
Pädagogik<< dar. Damit bezeichnet sie die gewalttätigen Erziehungsmethoden,
die im 18., 19. und weit bis ins 20. Jahrhundert hinein dominierten. Im
zweiten Teil schildert die Autorin die Kindheiten einer Drogensüchtigen
(Christiane F.), eines Diktators (Adolf Hitler) und eines Kindesmörders
(Jürgen Bartsch). Durch diese Fallbeispiele, alle drei erschütternde Zeugnisse
für die furchtbaren Folgen falscher Erziehung, verhilft Miller ihren Lesern
über das intellektuelle Wissen hinaus zu einem emotionalen Wissen. Den
dritten Teil widmet Miller dem Unterschied zwischen Schuldgefühlen und
Trauer. Ihr Ziel besteht darin, beim Leser nicht primär Schuldgefühle zu
wecken, sondern Trauer über das Geschehene auszulösen. Erst diese Trauer
ermöglicht das Aufarbeiten der eigenen kindlichen Traumatisierung und durchbricht
den Wiederholungszwang, die selbst erfahrene Kränkung an die nächste Generation
weiterzugeben. Miller sieht keinen Sinn darin, Appelle an die Eltern zu
richten, ihre Kinder anders zu behandeln. Vielmehr will sie dem Kind im
Erwachsenen klarmachen, was ihm in seiner Kindheit zugefügt worden ist.
Das Erkennen der Demütigungen der eigenen Kindheit gilt ihr als wichtige
>>Voraussetzung des mitmenschlichen Fühlens und Verstehens<<. Wer sich
von den Leiden der eigenen Kindheit emotional distanziert, könne das Kind
nicht verstehen.