"Ihr sollt keine Drogen nehmen, keinen ungeschützten Sex haben und nicht gewalttätig werden!" Brav gesprochen. Dann aber: "Überlasst das mir!" Völlig klar, so kann nur einer tönen: Eminem, Enfant terrible der Rapperszene und von keinerlei Zaghaftigkeit getrübt, überzieht die Welt mit seinen gesammelten Anzüglichkeiten. Da heißt es warm angezogen sein, denn, wie das diskrete Schildchen auf dem Buchcover warnt: "Parental Advisory. Explicit Contents". Überdeutliche Worte also, die der Schrecken aller Schwiegermütter über uns ergießt!|Sollte es gar zu derb werden, kann der erfolgreichste Rapper der Welt, bürgerlich Marshall Mathers, jederzeit sein selbst kreiertes Alter ego Slim Shady verantwortlich machen. Es ist dieser mephistophelische Ausbund des Bösen, der fröhlich verkündet: "Ich will jetzt keines der Spice Girls mehr schwängern, dafür aber Britney Spears!" Dann, ganz Prophet: "Jetzt ist sie noch wie eine grüne Banane, aber bald wird sie reif sein". Auch Künstler vom Schlage einer Lauryn Hill, Christina Aguilera, N'sync oder den Backstreet Boys, müssen nicht leer ausgehen ("...ich scheiße auf all diesen Bullshit"). Einzig Dr. Dre und Ice Cube genießen Eminems uneingeschränkte Solidarität.|Marshall Bruce Mathers III, 1974 geboren und ohne Vater aufgewachsen, wurde von seiner minderjährigen Mutter großgezogen. Ihr Leben im ärmsten Teil Detroits geriet zur beständigen Flucht vor Gerichtsvollziehern. Im Kapitel "Mutterliebe" bricht sich das völlig gestörte Mutter-Sohn-Verhältnis in ödipalen Hassfantasien Bahn. Rap und HipHop boten ihm damals wie heute ein Ventil: "Je mehr mich die Leute anpissen, desto mehr Texte kann ich darüber schreiben".|Nicht selten entlarvt sich Eminems Lästermaul als verräterische Rotzigkeit des Spätpubertierenden. Die Freude über die Geburt seiner Tochter wird unwirsch trotzig als "sentimentale Scheiße" abgewürgt. Aber auch selbstzerstörerische Töne klingen an ("Selbstmord ist immer etwas, was ich im Hinterkopf hatte"). Kein heißes Eisen bleibt unangetastet. "Was ist eine Schwuchtel?", "Freunde und Rivalen", "Die Wut in mir" -- Kapitelüberschriften wie Kampfansagen, die von der geifernden Angriffslust und schonungslosen Offenheit dieses Streetkid zeugen -- ganz und gar Eminem eben.|--Ravi Unger